Wie schon Christian in seinem Blog-Eintrag beschreibt, gab es einen Shitstorm gegen H&M. Christian empört sich nun über die Empörten und fragt: „Was ist mit uns nicht in Ordnung?“

Meine Antwort darauf ist: Es ist alles in Ordnung. Zumindest mit dem Shitstorm. Ansonsten ist eher gar nichts in Ordnung.

Die Aktion von H&M war dämlich und die Reaktion darauf ist gerechtfertigt. Du steckst kein dunkelhäutiges Kindermodel in einen Hoodie mit der Aufschrift „Coolest Monkey in the Jungle“. Nicht wenn Du irgendetwas vom Leben mitbekommen hast. Darüber, wie weiße Männer seit Jahrhunderten Andersfarbige behandeln. Bis heute!

 

War doch nicht böse gemeint!

Vielleicht hast Du jetzt Mitleid mit dem armen H&M-Mitarbeiter, der für dieses Malheur verantwortlich ist. Der hat das sicherlich nicht absichtlich gemacht. Er wollte niemanden verletzen und hatte vielleicht einfach die ganze Schwarz/Weiß-Debatte nicht auf dem Schirm. Er könnte so un-rassistisch gewesen sein, dass er da einfach kein Problem gesehen hat. Hautfarbe hin, Hautfarbe her, er hat einem Model ein Kleidungsstück angezogen, das er bewerben wollte. Das Model sah gut darin aus, geiles Foto gemacht, fertig. Hautfarbe spielte da höchstens in die Frage rein, ob der Teint gut zum Grün des Pullovers passte. Der Verantwortliche sah einfach keine „Rasse“, er war 100% unrassistisch.

Es ist eine herrliche und selbstgefällige Lüge, die wir uns gerne erzählen, dass wir Probleme der Ungleichbehandlung von Menschen beseitigen können, indem wir sie gar nicht erst wahrnehmen. Dafür gibt es ein treffendes Wort: Ignoranz.

Wer Farbe nicht sieht, der ist farbenblind. Das ist kein Segen, das ist eine Sehbehinderung.

Ich gestehe dem Verantwortlichen bei H&M gerne zu, nicht aus rassistischen Motiven gehandelt zu haben. Ich neige dazu, Menschen nicht Boshaftigkeit zu unterstellen, wenn ich ihnen auch Dummheit diagnostizieren kann. Die Aktion von H&M war dumm. Sie offenbart eine große Unsensibilität und eine Ignoranz gesellschaftlicher Probleme – und nicht eine Einstellung, die so unglaublich progessiv ist – so „post-rassistisch“ -, dass sie es für eine gute Idee hielten, ein schwarzes Kind mit der Aufschrift „Coolster Affe im Dschungel“ zu versehen.

Wer die Augen vor gesellschaftlichen Problemen verschließt, muss sich nicht wundern, wenn er den Shitstorm bekommt, den er verdient hat.

(Ja, ich schreibe hier „er“. Ich weiß nicht, wer bei H&M verantwortlich war für diesen Missgriff. Aber ich wäre ehrlich überrascht, wenn das kein weißer Mann gewesen ist. Allein oder in der Gruppe.)

 

Darf ich schwarzen Models jetzt gar nichts mehr anziehen?

Man hat doch nur Ärger mit den Schwarzen. Jetzt muss man auch noch peinlich genau darauf achten, was man denen anzieht, sonst gibt es wieder auf’s Maul. Wir armen weißen Männer.

Aber vielleicht sind ja auch wir das Problem?

Schau Dir ein paar T-Shirts an und stelle Dir einen Dunkelhäutigen darin vor. Nimm zum Beispiel ein Shirt mit der Aufschrift „Drogendealer“. Wenn Du das problematisch findest, dann offenbart das einfach nur etwas über Dich und Deine eigenen Ressentiments.

Eine bunte Liste an witzigen T-Shirts findest Du hier. Der Großteil davon ist in meinen Augen total unproblematisch.

Ein Star-Wars-Shirt, auf dem „Join the Darkside“ steht, kann jeder tragen. Anders als „Affe“ ist die Dunkle Seite der Macht nicht rassistisch besetzt. Schwarze Fußballspieler wurden mit Bananen und nicht mit Star-Wars-Merchandise beworfen. Selbst „Zuckerbrot und Peitsche“ ist ein Motiv, das jeder tragen kann. Solange es nicht suggeriert, dass derjenige, der das Motiv trägt, mit der Peitsche geschlagen werden sollte. Bei einem Hoodie, der seine Trägerin als Sklavin bezeichnet, sollte hingegen sehr wohl aufgepasst werden, wie das vermarktet wird. (Und warum.)

Trotzdem bleibt jetzt vielleicht Deine Verunsicherung. Mag sein, dass Du Dir die Liste an T-Shirts ansiehst und wirklich nicht immer weißt, ob das jetzt in Ordnung ist oder nicht.

Gut so! Wenn Du verunsichert bist, heißt das, dass Deine althergebrachten Traditionen ins Wankeln geraten. Jetzt mach was draus! Beschäftige Dich mit dem Thema, setz Dich mit Rassismus außeinander. Gewinne Deine Sicherheit zurück und werde dabei zu einem besseren Menschen!

 

Grüße aus der Freiheit

Florian