Zu Besuch beim Berliner Unterwelten e.V. – Thema Fluchttunnel in die Freiheit

Die zweite Staffel von whoosh die Show ist zu Ende. Und wir haben das Ende mit einem interessanten, spannenden und zum Nachdenken anregenden Ausflug gefeiert, mit unserem jährlichen Staffelfinale. Zur Erinnerung, im letzten Jahr haben wir den Reichstag gerockt.

Gefeiert haben wir im Rahmen eines Friends- and Family-Events. Viele unserer treuen Fans, die unsere Shows in der Freiheit regelmäßig besuchen, waren mit dabei. Startpunkt war direkt neben dem Bahnhof Gesundbrunnen. Dort haben wir uns mit Heike getroffen. Sie ist ein aktives Mitglied des Berliner Unterwelten e.V., inzwischen hat dieser Verein über 500 Mitglieder. Der Verein befasst sich mit der Erforschung und des Erhalts verschiedenster Räumlichkeiten, die sich im Berliner Untergrund befinden – Vornehmlich Bunker.

Impressionen zum Tag

Die Führung durch die Berliner Unterwelten

Part 1 – Luftschutzbunker und Kanalisation

Heike führte uns erstmal in einen alten Luftschutzbunker aus dem zweiten Weltkrieg. Dieser war für sich genommen schon interessant bzw. beeindruckend. Beeindruckend deshalb, weil er für ca. 1000 Personen ausgelegt war, aber bei Bombenalarm mehr als 4000 Menschen in ihm Zuflucht gesucht haben. Die Vorstellung in diesen engen Räumen, wir waren ja nur 20 Personen, noch mit ca. 3980 anderen Menschen zu sein, war irgendwie beängstigend. Was müssen sich dort für Szenen abgespielt haben. Enge, Hitze, Todesangst, weinende Menschen und der stetige Einschlag von Fliegerbomben, abgeworfen von den Bombern der Alliierten. Eine Erfahrung auf die wir alle verzichten können. Ich habe ganz schnell damit aufgehört, mir das vorzustellen und Heike zugehört, was sie uns über die Fluchttunnel und die Berliner Mauer erzählt hat.

In diesem Bunker befindet sich nämlich eine Art Museum, in dem das Thema Fluchttunnel thematisiert wird. Anhand von Schautafeln, Bildern und Landkarten vermittelte Heike erstmal ein gewisses Hintergrundwissen zum Thema Mauerbau in Berlin. Wieso kam es dazu, wo in Berlin verlief die Mauer, was bedeutete dies für die Berliner und was haben die Berliner gemacht, um diesen „Antifaschistischen Schutzwall“ zu überwinden. Heike erzählte uns, dass anfangs noch gerne die Berliner Kanalisation oder das Berliner U-Bahnnetz für Fluchten genutzt wurde. Allerdings blieb der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik diese Tatsache nicht verborgen und es wurden entsprechende Gegenmaßnahmen getroffen. Die dabei entwickelte Kreativität der Ingenieure ist beeindruckend und gleichzeitig beängstigend. Welch eine Energie darauf verwendet wurde, die Fluchten der Menschen zu vereiteln. Einfach nur Perfide. In der Kanalisation wurden Gitter verbaut. In den einzelnen Gitterstäben befanden sich Stahlkerne welche in Fett gelagert waren. Ging man daran dieses Gitter durchzusägen, kam man bis zu diesen Stahlkernen, die sich dann durch die Säge und die Tatsache, dass sie in Fett gelagert waren, anfingen zu drehen. Somit war ein Durchsägen der Gitter unmöglich. Auf diese Idee muss man erstmal kommen. In den U-Bahn-Tunneln verlegte man sogenannten Stalinrasen. Hierbei handelt es sich um ein Gitter, welches flach zwischen die Gleise gelegt wird. An den Gitterkreuzen sind unterschiedlich lange Metallstäbe angeschweißt. Es sieht ein wenig wie ein Nagelbrett aus. Durch den relativ kurzen Abstand der Metallstäbe zueinander muss man auf die Spitzen treten, um über diesen „Rasen“ zu gelangen. Leider haben die unterschiedlichen Längen der Metallstäbe dazu geführt, dass man ständig umknickt, das Gleichgewicht verliert und stürzt. Das wiederum hat zur Folge, dass man sich schwer an den Metallstäben verletzt, auf die man fällt. Diese sind natürlich angespitzt. Einfach nur wiederlich, was man sich ausgedacht hat, um die Menschen einzusperren.

Part 2 – Tunnelbau und Flucht

Ernüchtert von diesen Fakten ging es weiter mit der U-Bahn zur zwei Stationen entfernten Bernauer Straße. Dort nutzt der Verein Berliner Unterwelten die Räumlichkeiten einer alten Brauerei für das Thema Tunnelbau und Flucht aus Ost-Berlin. Dort konnten wir den Nachbau eines Fluchttunnels in Originalgröße (nicht Originallänge) in Augenschein nehmen. Dieses Modell wurde von einem Mann gebaut, der selbst einen echten Fluchttunnel gegraben hatte, um seine Frau und sein Kind aus Ost-Berlin nach West-Berlin zu holen. Auch hier interessant, wie einfallsreich ein Mensch sein kann, um frei zu sein. Außerdem erzählte uns Heike noch sehr ausführlich die Geschichte einer einzelnen Flucht. Der Flucht durch Tunnel 57. Die 57 steht für 57 Menschen, denen die Flucht durch diesen Tunnel in den Westen gelungen ist. Interessant an dieser Geschichte ist die Tatsache, dass ein DDR-Grenzsoldat bei dieser Flucht erschossen wurde. Dies nutzte die DDR-Regierung natürlich für propagandistische Zwecke aus, um nicht zu sagen, der Tod von Egon Schultz wurde geradezu ausgeschlachtet, um den Westen zu diffamieren. Nach der Wende stellte sich dann heraus, dass Egon Schultz von seinen eigenen Kameraden im Eifer des Gefechts erschossen wurde (Tunnel57: https://de.wikipedia.org/wiki/Tunnel_57).

Meine Empfehlung

Wer sich für diese Epoche der Geschichte interessiert, dem kann ich diese Führung nur empfehlen, es lohnt sich daran teilzunehmen. Hier geht es zu den Berliner Unterwelten

Denn bei dieser Führung bekommt man sehr deutlich vor Augen geführt, wie wichtig Freiheit ist. Was für ein hohes Gut Freiheit ist. Wie schwer es für manche Menschen war frei zu sein, wie hart sie sich ihre Freiheit erdenken, erarbeiten und erkämpfen mussten. Und das nicht nur in der Vergangenheit, sondern auch heute noch. Freiheit ist nicht so selbstverständlich, wie wir glauben. Menschen mussten darum kämpfen und dafür sterben. Wir, die wir sie geerbt haben und nicht dafür kämpfen und sterben mussten, müssen uns das bewusstmachen und für ihren Erhalt und ihr Fortbestehen kämpfen und eintreten. Keine Mauern oder Zäune am Mittelmeer oder in Mexiko werden die Menschen aufhalten. Der Mensch lässt sich nicht einsperren, er will frei sein und darauf hat er auch ein Recht. Jeder einzelne.

Freedom is the right to tell people what they do not want to hear. (George Orwell)

Gedanken von Philipp