Fußballer sind auch Menschen

Ich bin mir ziemlich sicher, dieser Satz stammt von Michael Zorc, Sportdirektor von Borussia Dortmund: „Ein gutes Management macht jeden Fehler nur einmal“. Ein Satz, der mich nun schon lange Zeit begleitet. Und hin und wieder denke ich an diesen Satz, wenn es um Fehler und Fehlerkultur geht. Fehler sind in unseren Breiten leider immer noch unverzeihlich und oft bedeuten sie schwere Konsequenzen, bis hin zum Jobwechsel. Gerade erst habe ich von einem solchen Beispiel gehört. Aber das soll hier nicht das Thema sein.
Wir leben in einer Zeit der agilen Entwicklung. Starre und eingefahrene Prozesse und Abläufe passen prima zu Atomkraftwerken, wo ein Fehler / eine Panne schwere und schwerste Konsequenzen nach sich ziehen würde, aber in die meisten anderen Branchen passen Starrheit und Fehlerfreiheit nicht mehr so recht hinein.

Wer keinen Fehler macht, versucht nicht genug.

Christian Zander

Mir persönlich sind Menschen lieber, die 20 Dinge fertig bringen und dabei 2 Fehler machen, als Menschen, die 2 Dinge fertig bekommen, dafür aber fehlerfrei. Die Angst vor Fehlern führt zu Perfektionismus. Perfektionismus führt zu langer Dauer. Lange Dauer führt zu Leid und das führt bekanntermaßen zur Dunklen Seite. Agiles Voranschreiten und Perfektionismus sind nicht miteinander vereinbar. Auf der Suche nach einem guten Weg, schnell voranzukommen, aber nicht nur Mist abzuliefern sind wir bei der freedom manufaktur immer dabei entsprechende Methoden zu finden, auszuprobieren, dann zu adaptieren und umzusetzen.

Auf dem Weg zum Burnout?

Wenn man nach Effizienz bingt, respektive googelt, findet man relativ schnell die „Not-ToDo-Liste“. Für den Ich-muss-immer-effizienter-werden-Menschen ist das eine weitere Methode, sich noch etwas mehr auf die Zitronenpresse zu legen. Denn es geht hier darum, alles abzuschalten, was nicht zum Erfolg beiträgt. Meiner Meinung nach ist das ein Ansatz, der nicht unbedingt zielführend ist und eventuell auch zu einem Burnout führen kann. Wenn ich mir die einzelnen Artikel dazu ansehe, dann finden sich oftmals in den Beispielen Sätze wie, „Ich will nicht mehr…“ dieses und jenes machen. Wer sich ein wenig mit dem Menschen und wie wir denken auseinandersetzt weiß, dass „Stell Dir jetzt bitte keinen rosafarbenen Elefanten vor“ nicht funktioniert. Im Gegenteil. Genau das wird geschehen. NICHT-Botschaften erreichen das Gegenteil. Umso schwerer wird es daher sein, sich zu überwinden, Dinge nicht mehr zu tun. In meinen Augen gehören solche Einträge positiv auf eine So-will-ich-arbeiten-Liste.

Zum Beispiel: Aus „Ich will mich nicht mehr von Facebook ablenken lassen“ auf einer Not-ToDo-Liste wird „Facebook bearbeite ich genau 30 Minuten bevor ich zur Mittagspause gehe“ auf meiner So-will-ich-arbeiten-Liste.

Mach’s wie die wirklich Erfolgreichen!

Warren Buffets not-to-do-list. In einem Beitrag der Karrierebibel fand ich Warren Buffets Ansatz:

  1. Aufschreiben: Schreiben Sie sich Ihre 25 wichtigsten Ziele im (Berufs-)Leben auf.
  2. Einkreisen: Jetzt kreisen Sie von diesen 25 Punkten die Top Five ein – die fünf Ziele, die für Sie allerhöchste Priorität haben.
  3. Abhaken: Nun haben Sie Ihre persönliche Not to do-List. Sie umfasst alle 20 „übriggebliebenen“ Ziele, für die Sie ab sofort bitte KEINE Energie mehr aufwenden.

Das habe ich natürlich sofort ausprobiert und dabei kam folgendes heraus. Meine 25 wichtigsten Ziele im Berufsleben:

  1. Eine sich selbst tragende Firma haben, mit Mitarbeitern, nein Engagierten, die in dem, was sie tun besser sind als ich, damit ich lernen kann, die Bock auf mich und meine Art haben und die Aufgaben nachgehen, die ihnen Freude machen.
  2. Als Coach / Mentor / Perspektivist bzw. Speaker gebucht zu werden
  3. Die Welt ein bischen besser machen
  4. … irgendwie bin ich fertig…
  5. … 🙁

Das ist jetzt aber blöd. Wie soll ich da auf 25 kommen…
Eventuell meint Herr Buffet vielleicht Tasks oder Aufgaben, die anstehen? Keine Ahnung – das funktioniert bei mir nicht. Oder geht es etwa um SMARTE Ziele? (SMART = Specific Measurable Achievable Realistic Timely). Das sind in meinen Augen keine Ziele, höchstens Meilensteine. Aber aus einer Zeit, als man von Mitarbeitern noch als „Human Ressources“ gesprochen hat – Huch – das ist ja immer noch so. Aber auch das ist ein anders Thema.

Prozesse, historisch gewachsen

Was Unternehmen auch behindert, ist die überbordene Menge an Prozessen, die historisch gewachsen bestimmt sinnvoll sind, oder zumindestens waren. Aber letztendlich stressen diese die Mitarbeiter und lähmen unter Umständen das gesamte Unternehmen. Nun sind Prozesse aber auch so etwas wie die Lebensversicherung eines Unternehmens. Das, was solange funktioniert hat, kann auf jeden Fall nicht falsch sein.
Vielleicht nicht falsch, aber unnütz oder zu aufwändig, das könnte schon sein. Ich habe Unternehmen gecoacht, in denen die Mitarbeiter sich beschwert haben, dass sie jede Woche 45 Stunden damit zubringen, die Prozesse zu befriedigen und in der restlichen Zeit, sich um die Kunden kümmern. Da läuft mit Sicherheit etwas stark aus dem Ruder.

Immer, wenn ich eine neue AB-TEILUNG gegründet habe, hat sie Arbeit erfunden, die es vorher noch nicht gab.

Christian Zander

In einer anderen Firma haben wir während der Beratung festgestellt, dass es eine eigene Abteilung gab, die sich innoffiziell die „Abteilung für Customer Ping-Pong“ nannte. Diese kümmerte sich um alle Fälle, in denen der Kunde von Abteilung zu Abteilung verschoben wurde, ohne, dass sich jemand wirklich um ihn kümmerte. Vielleicht habt Ihr ja auch so eine Abteilung. Ich freue mich schon, den ersten VP Customer Ping-Pong persönlich zu treffen – oder vielleicht den Chief Ping-Pong Officer – CPPO.
Ich verstehe total, wie es dazu kommen kann und sehe auch deutlich vor meinen Augen, welche Schritte dazu geführt haben, aber, Kinders, das ist Quatsch! Da läuft grundsätzlich was in die falsche Richtung – historisch gewachsen hin oder her.

Die To-Don’t-Liste

Die To-Don’t-Liste, wie ich sie verstehe, beinhaltet Einträge, die Verhaltensweisen oder Prozesse, die zu unnötigem Aufwand oder Kosten – respektive Einbußen führen. Diese müssen erkannt werden und durch eine gewünschte Verhaltensweise oder durch einen optimierten, schlaueren Prozess ersetzt werden. Dann kommen sie auf die To-Don’t-Liste und zwar genau so lange, bis sie in Fleisch und Blut übergegangen sind. Dann ist es das natürliche und selbstverständliche Verhalten der Beteiligten und bedarf keiner besonderen Erwähnung mehr. Beispiele gefällig?

  1. Es gibt immer Prozesse in Unternehmen, die nerven – merken und abschaffen respektive durch etwas nicht nervendes ersetzen. Auf die To-Don’t-Liste mit diesen Dingern. Machen wir nicht mehr.
    Beispiel: Feedback-Prozesse – die sind Mist. Wir haben sie durch Feed-Forward ersetzt.
  2. Es gibt immer Dinge, die schieflaufen oder zum gleichen unschönen Ergebnis führen – merken und abschaffen respektive durch etwas ersetzen. Auf die To-Don’t-Liste mit diesen Dingern. Machen wir nicht mehr.
    Beispiel: Rabatt geben. Das ist Mist. Erstens ist das out-of-process und führt zu Sonderaufwänden, zweitens schwächt Rabatt die gefühlte Wahrnehmung der Qualität und Güte Deines rabattierten Produktes. Wir haben das durch Mehr-Leistung-geben oder Was-bekommen-wir-dafür (auch Leistung bekommen) ersetzt.

So kannst Du auf lange Sicht Fehler in deinem Unternehmen nicht vermeiden, aber erkennen und verhindern, dass diese Fehler wiederholt werden. Stetig prüfst Du Deine Prozesse und entfernst unnützen Ballast. Das macht Dich agil und Deine Mitarbeiter glücklich.

Einen Fehler zu machen ist menschlich. Beim zweiten Mal ist es Nachlässigkeit und beim dritten Mal Absicht.

Unbekannt

Wenn ich an Michael Zorc denke, meine ich, wir haben für uns eine gute Antwort gefunden. Vielleicht ist ja auch eine Anregung für Dich dabei. Gerne darfst Du uns Deine Gedanken unten mitteilen oder Fragen stellen. Vielleicht können wir Dir ja helfen. Ich würde mich über einen Austausch freuen.
Ich für meinen Teil mag To-Don’t-Listen.

Christian