Kernarbeitszeit vs. flexible Arbeitszeit

Oder anders gefragt, sind Arbeitnehmer ihrem Unternehmen gegenüber so loyal eingestellt, dass das Unternehmen bei flexibler Arbeitszeitgestaltung auf die Einhaltung einer vereinbarten Arbeitszeit vertrauen kann?

Fragt man junge Menschen heute, was Loyalität ist, erntet man fragende Blicke. Die Zeiten, in denen Arbeitnehmer ihrem Unternehmen zu unbedingter Folgsamkeit verpflichtet sind, gehören der Vergangenheit an. Weil auch Unternehmen sich nicht mehr unbedingt ihren Arbeitnehmern verpflichtet fühlen, ist diese Entwicklung folgerichtig.

Moderne Zeiten fordern moderne Arbeitszeitmodelle, die den Arbeitnehmern viele Freiheiten gewähren, aber das Unternehmen in seiner Handlungsfreiheit nicht beschränkt. Klar ist, dass die Einhaltung der Kernarbeitszeit die Eigenverantwortung der Mitarbeiter eingrenzt und möglicherweise die Motivation reduziert. Aber hat nicht die industrielle Revolution genau das Gegenteil bewiesen? Das Einhalten einer Kernarbeitszeit bedeutet, dass im Normalfall alle Mitarbeiter innerhalb eines bestimmten Zeitfensters anwesend sind. Kernarbeitszeit fördert das Miteinander, die Kommunikation, verkürzt Reaktionszeiten, erlaubt schnellere Fehlerkorrekturen, erhöht die Kundenverfügbarkeit und ermöglicht so auch eine bessere Kontrolle der Zielerreichung. All diese Argumente wiegen aus unternehmerischer Sicht so schwer, dass die Motivation des Einzelnen durch flexible Arbeitszeitgestaltung meiner Meinung nach vernachlässigt werden kann. Eine Gleitzeitregelung ist da schon viel ehrlicher und motiviert genauso.

Was schützt das Unternehmen bei flexibler Arbeitszeitgestaltung vor faulen Arbeitnehmern, die sich auf Kosten ihrer Kollegen ausruhen? Wie können Fehlzeiten überhaupt noch erkannt werden? Mit der Zahlung von Lohn und Gehalt schuldet der Arbeitnehmer dem Unternehmen nicht nur Ergebnisse, sondern auch Arbeitszeit. Mit der flexiblen Arbeitszeit steht das Wohl des einzelnen Arbeitnehmers über dem Wohl des Unternehmens. Jedoch sichert das Wohl und der Erfolg des Unternehmens dessen Fortbestand und damit Arbeitsplätze.

 

 

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2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort

  • „Sind Arbeitnehmer ihrem Unternehmen gegenüber so loyal eingestellt, dass das Unternehmen bei flexibler Arbeitszeitgestaltung auf die Einhaltung einer vereinbarten Arbeitszeit vertrauen kann?“

    Ja man kann darauf vertrauen.

    Beispiel für freie Arbeitszeit:
    „Es ist Freitag – 19:30 Uhr – Ich fahre morgen früh mit dem ICE nach Frankfurt am Main zur Hochzeit eines Freundes und denke, ich muss eh nach Spandau – machste mal ne Nacht durch – schaffste noch nen bisl was – kannst ja dann im ICE pennen – „guter Plan“ 🙂 Ich setze ihn um und fahre mit dem nächsten Zug nach Berlin. Ich stärke mich kurz noch bei KFC und komme ca. 21:30 in unseren Büroräumen an. Unheimlich – es brennt noch Licht – schleicht der Hausmeister noch durch unsere Räume? – ich öffne mutig und gespannt die Tür. Plötzlich erreicht mich ein Aufschrei der der Begeisterung – „WOW Marcel – Was machst du denn hier?“ worauf ich verdutzt antworte: „ähm Jessica, die Frage könnte ich dir auch stellen.“ „Infopool abarbeiten und du?“ „Och ich war ich gerade in der Gegend und dachte…“ Sie lacht und weißt mich schmunzelt darauf hin, dass Martin auch noch da ist und eifrig eine Softwarelösung programmiert. 🙂 Wir gaukeln zu dritt kurz rum, motivieren uns gegenseitig und konzentrieren uns schnell aufs Wesentliche. Bis 2, 4 und 5 Uhr in der Nacht… Ja – auf der Hochzeit am nächsten Tag habe ich ganz schön durchgehangen – die Hochzeit war auch schön, doch das Erlebnis mit meinen Kollegen bis tief in der Nacht zu werkeln, hat in mir auch ein angenehmes Gefühl der Verbundenheit ausgelöst. Das ist natürlich nicht täglich und passiert nur gelegentlich, doch bei festen Arbeitszeiten hätte ich schon lange Feierabend gehabt und es wäre nie dazu gekommen.

    Einen Schutz vor „faulen Mitarbeiter“ gibt es nicht? – Gibt es doch. Ich nenne es mal eine natürliche Auslese. Solch einen Mitarbeiter wird es nicht lange im Unternehmen mit flexiblen Arbeitsmodell geben, denn er wird viele zugesagte Dinge nicht schaffen und schon gar nicht in ausreichender Qualität – Das verbreitet schnell Misstrauen und führt bei mangelnder Verbesserung schlussendlich für noch mehr Freizeit für den „faulen Mitarbeiter“, welche er dann für Bewerbungen und Gänge zum Arbeitsamt nutzen kann. Ich denke aber, dass ist ein Prozess, der unabhängig vom Arbeitsmodell läuft.

    Vertraue Deinen Mitarbeitern und Du bekommst Freude, Einsatz und Verbundenheit (Loyalität) zurück.
    Freie Arbeitszeit ist Vertrauen pur – Danke 🙂

    Gruß

    Marcel

    Antworten
  • Evengelist René
    17. Oktober 2015 15:18

    Lieber Joachim,
    schon in den ersten Zeilen beschreibst Du das Problem. Weil Firmen Ihren Mitarbeitern nicht loyal sind, ist es o.k. wenn es auch andersrum so ist.

    Und deshalb sollte keiner dem anderen Vertrauen.

    Vielen Dank für diese Klarheit. Unter anderem deshalb habe ich mit zwei anderen tollen Menschen die freedom manufaktur gegründet. Wir wertschätzen und trauen unseren Mitgestaltern. Und bis jetzt kann ich nur sagen, bekommen wir dies zu einem Vielfachen zurück.
    Und trotz vollkommener Freiheit sind irgendwie immer, so ganz freiwillig, alle zu den sogenannten Kernarbeitszeiten im Büro. Abgesehen davon leben wir in einer sehr modernen Zeit, in der man auch Technik zum Kommunizieren nehmen kann, die ein vor Ort sein nicht erforderlich machen.

    Und dank unseres Zellensystems, welches wir in der Natur abgeschaut haben, werden die Zellenmitglieder ultra schnell mitbekommen, wenn sich jemand auf Ihre Kosten ausruhen sollte.
    Und dann werden sie sich wie von meinem Vorredner Marcel schon beschrieben, trennen.

    Ich kann Deine Sichtweise glatt nachvollziehen. So tickt die Gesellschaft halt. Aber wenn ich mir die Menschen anschaue, sehe ich, dass es Ihnen nicht guttut. Deshalb leben wir bei der freedom manufaktur mit Vertrauen. Aber nicht ohne Regeln, die unter anderem Ehrlichkeit und Fleiß beinhalten.

    Ich bin froh, ein neuartiges System auszuprobieren, bei der ich die Mitgestalter nicht kontrollieren brauche. Denn es kommt nicht auf die Zeiten an, die jemand im Büro sitzt. Es kommt darauf an, dass er/sie mit der Zeit etwas Nützliches anfangen und für das Unternehmen Erfolg produzieren.

    Ich fühle mich wohl in der Freiheit. Und die freedom manufaktur auch.

    Es grüßt der Evangelist René

    Antworten

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