„Legacy bringt uns um“

Ein persönlicher Extrakt vom IT Strategie Gipfel in Berlin.

Wenn man immer das Gleiche isst, dann wird man träge und gelangweilt. Neues stört nur und wird nicht akzeptiert. „Was der Bauer nicht kennt, das frisst er nicht“, heißt es in einem deutschen Sprichwort. Im übertragenen Sinne gilt dies auch für die IT in Unternehmen. Aber gut schmeckt das Essen nicht mehr so richtig…

Die heutigen IT Organisationen werden in der digitalen Gegenwart und dem, was noch kommt, chancenlos sein. Sie sind zu langsam. Ihr Budget wird immer weiter eingeschränkt. Die Kompetenz in der Welt der neuen Lösungen fehlt. Neue Mitarbeiter finden die Arbeit in heutigen IT Organisationen nicht sexy genug. Die IT Organisation versteht gar nicht das Business Modell in den Fachabteilungen.

so oder so ähnlich wird die Unternehmens IT wahrgenommen

(Quelle: http://www.ascrewsloose.com/2012/07/25/enterprise-it-adoption-cycle/)

Diese und noch mehr Vorurteile, ob zu recht oder nicht, geistern durch die Landschaft und prägen das Meinungsbild vieler Mitarbeiter und der CIO einer größeren IT Organisation sieht sich diesen Vorwürfen und Anfeindungen entgegen und denkt sich, dies würde nicht stimmen. Aber dann sind da noch die Legacy Aufgaben, die alles blockieren:

  • 4 Generationen Hardware unter einem Dach und
  • die dazu passende Software, ebenfalls für 4 Generationen
  • Dazu kommen Mitarbeiter aus diesen 4 Generationen der IT Entwicklung,
  • die mit 4 Generationen von Herangehensweisen gemeinsam Projekte stemmen sollen und miteinander kommunizieren.

Und diese Projekte sollen möglichst interdisziplinär mit den Fachabteilungen gemeinsam besprochen und durchgeführt werden.

„Die Fachabteilungen fordern Lösungen und liefern dann selbst nicht ab“
Zitat eines IT-Leiters

Fachabteilungen fordern schnelle Lösungen, dass Software ruckzuck eingeführt werden kann, die sie für ein Projekt unbedingt JETZT benötigen. Der CIO soll dabei natürlich weder Stabilität, noch Sicherheit und Compliance Regularien als Eckpfeiler der IT aus den Augen verlieren. Das wäre ja wohl selbstverständlich…

Wie kann man also mit dieser Welt der 2 Geschwindigkeiten umgehen?

Als Mitglied einer IT Organisation hat er die Möglichkeit, seine Prozesse agiler zu gestalten und Methoden wie Kanban oder SCRUM einzuführen. Tillmann Strohbach, ein Agile Coach aus Hamburg postet dazu, dass SCRUM so einfach ist, das es auf einen Bierdeckel passen würde.

(Quelle: Facebook: Strohbach Agile Consulting)

Die Problematik, die hierbei entsteht ist, dass die Fachabteilungen dabei mitmachen müssten. Jedoch denken Fachabteilungen immer noch in herkömmlichen Wasserfall-Modellen und verstehen die Vorgehensweise der schrittweisen Verbesserung, die mit SCRUM einhergeht nicht. „Du bekommst jetzt erstmal zwei Portalseiten und dann sehen wir weiter“ ist eine Aussage, mit der Fachabteilungen nicht unbedingt klar kommen und dann lieber nach eigenen Lösungen suchen… (Stichwort Schatten IT). Und häufig ist es am Ende so, dass die IT das Problem gelöst hat und liefert und dann hat die Fachabteilung keine Zeit für die Inbetriebnahme, Schulung oder einen simplen Test. Der Task bleibt stecken, die Zeit ist um und andere Fachabteilungen beginnen zu drängeln…

„Früher haben wir 5 Monate an einem Lastenheft geschrieben.
Heute hat in 5 Monaten das Denken 5x die Richtung geändert“
Zitat eines CIOs

Das Lastenheft der alten Schule ist tot!

Verstehen – Machen – Ausprobieren – mit den Kunden verproben – Verstehen – Machen – Ausprobieren – …

Dies ist der agile Methoden-Zyklus der schnellere Ergebnisse liefert und sowohl Fachabteilungen flexibel und in Time neue IT Dienstleistungen zur Hand gibt, damit sie rasch am Markt agieren können, als auch innerhalb der IT nach und nach einen riesigen Backlog von das-müsste-auch-mal-gemacht-werden-Aufgaben abzubauen hilft. Lastenhefte sind zu schwer und zu schwerfällig, um mit den heutigen Anforderungen und den kurzen schnellen Projekten mitzuhalten – Es sei denn, es geht um Dinge wie Atomkraftwerke, Medizintechnik oder Raumfahrt, wo ein „Ausprobieren“ eher unangebracht ist.

In unserer Welt des Cloud Computing und der extrem verteilten Lieferketten ist es notwendig, den Überblick zu behalten und sich den neuen Bedingungen anzupassen. Deswegen müssen Projekte schneller durch die IT laufen, damit sie ihren eigentlichen Job als Business-Enabler nachkommen kann. Denn wenn dies nicht passiert, verkommt ihre IT Organisation zum Hausmeister (Liebe Hausmeister, ihr seid total wichtig und ich habe Respekt vor eurer Tätigkeit, aber ich denke, es ist ok, wenn ich behaupte, dass ihr für eure Firma in der Regel keine neuen Märkte erschliesst).

Das bedeutet nicht nur für den CIO, dass er oder sie umdenken muss, sondern auch die Fachabteilungen müssen agiler werden. Diese Herausforderung betrifft das ganze Unternehmen inklusive der Führungsebene.

CIO als Businessenabler

CIO als Businessenabler! Nicht nur drüber reden, tun sie es einfach!
eine CIO

„Dieser Satz könnte ja fast von mir sein“, dachte ich. Denn das ist das Überraschende für mich auf diesem Strategiegipfel der IT. CIOs aus mittleren und großen Unternehmen kommen zusammen und berichten davon, wie sie dieser Probleme Herr geworden sind, wie sich Durchlaufzeiten von IT Projekten von 150 Tagen auf 35 Tage reduziert haben, wie sie Schatten IT reduziert haben. Kanban und Agile Prozesse halten in IT Organisationen Einzug und mehr und mehr auch im gesamten Unternehmen – getrieben aus der IT. 🙂

Positiv überrascht war ich von den vorgestellten Ergebnissen und den Diskussionen. Konkrete Nachfragen und hilfreiche Beiträge der Teilnehmer waren durchaus bemerkenswert gut und auf einem hohen Niveau. Es gab natürlich auch kleine Neckereien zwischen den Branchen, aber alles war auf einer Ebene des „Gebens und Geben lassens“. Als CIO und IT Leiter gab es hier guten Austausch und neueste Informationen von den Kollegen und den anwesenden Lösungsanbietern. Bei den Lösungsanbietern hat mich besonders Alexander Zschaler von Fuze mit einer neuen Lösung auf dem Markt beeindruckt. Er hat einen außergewöhnlich guten Workshop zum Thema „Die APPs-Generation – IT Kommunikations-Anforderungen für die Mitarbeiter von morgen“. Respekt für die Art und Weise und die Idee der Lösung. Scheinbar hat die Lösung so viel Potential, dass einer seiner zukünftigen Mitarbeiter bereits jetzt vor Ort mit dabei war, um Alexander zu unterstützen. Das erinnert mich an meine Firmen, unsere freedom manufaktur und Protected Networks.

Wenn du keine Entwickler hast, um diese Kleinstlösungen zu erzeugen, such dir einen regionalen Anbieter oder Menschen, die tun, was sie sagen, das sie tun. <Werbung>Oder rede mit der uns. Keine Angst, wir sind ehrlich und sagen dir, ob wir schnell helfen können oder nicht. Und da wir nichts machen, was nicht skaliert, sind deine Lösungen außerdem attraktiv in der Anschaffung.</Werbung> Aber zurück zum Thema…

Einhellig war folgende Vorgehensweise zu hören:

  • Mach mal eine Bestandsanalyse der Aufgaben deiner Mannschaft (Ein Kanban Board wurde als gute Methode dafür genannt)
  • Überlege mit dem Team, was nicht in Ordnung ist und wo ihr hinwollt
  • Beginnt euch mit agilen Prozessen auseinander zu setzen und holt euch, wenn nötig, einen Coach, um diesen Ansatz auch im Unternehmen bekannt zu machen
  • Redet mit den Mitbestimmungsgremien und nutzt Kanban (zum Beispiel) als Steuerungsmethode und nicht als Überwachungswerkzeug
  • holt die Fachabtelungen mit ins Boot
  • Attacke!

So bekommt man auch Mitarbeiter der neueren Generationen gut eingegliedert. Und dann erhält man erstens das gute Gefühl, dass sich etwas bewegt und zweitens entstehen Freiräume, die Königsdisziplin anzugehen, nämlich neues Business zu generieren:

Aus einer Gazelle eine Raubgazelle machen!

Amazon hat es vorgemacht. Neulich noch ein Buchhändler in Amerika, heute einer der weltweit größten Cloud Service Anbieter, weil er es kann. Deswegen. Was kann dein Unternehmen gut – vielleicht sogar sehr gut? Warum machst Du kein Business daraus?

Erzeuge ein Produkt aus deiner Arbeit und bring es an den Markt. Gerade unser deutscher Mittelstand hat soviel Know How gesammelt und die Qualität der Mitarbeiter in der IT ist sehr hoch, daraus muss sich doch etwas machen lassen. Branchen verschieben sich nicht zuletzt wegen dieser „unfair advantages“, wie es eine CIO nannte.

  • Du handelst und hast eine Plattform? Was könntest Du noch auf deiner Plattform tun?
  • Du bist der einzige, der noch Legacy Systeme warten kann? Könnten das andere Unternehmen nicht auch gebrauchen?
  • Du hast ein Ökotrop an Cloud Diensten zu neuen Lösungen verbunden? Ist das nicht auch für andere interessant?
  • … ______________________________________________________________________ (hier kannst Du Deine Idee eintragen.)

Es gab doch lange genug dieses alte Futter. Warum nicht einfach mal die Ernährung deines Unternehmens mit neuen Märkten und Branchen ergänzen und dann gegebenenfalls von einem Pflanzen- zu einem Fleischfresser im Laufe der Zeit mutieren. Schnell rennen kann man schon mal, das mit den Zähnen bekommen wir auch noch hin… Diesen crossfunktionalen Blick – kann man trainieren. Es gibt Methoden dafür und Menschen, die einfach Ideen auswerfen. Von diesen Ideen sind vielleicht 20 echter Mist, aber möglicherweise ist eine dabei, die Dein Team anregt, das eigene Produkt neu zu denken. <Werbung>Das haben wir schon ganz erfolgreich in kleineren Workshops bewerkstelligen können. Warum nicht auch bei euch.</Werbung>

Der Besuch beim Strategie Gipfel IT ist in meinen Augen für alle Teilnehmer sinnvoll.

  • Wie gehe ich mit Legacy um
  • Wie führe ich Mitarbeiter
  • Was kann ich über neue Ansätze erfahren
  • Wie haben es die anderen gemacht
  • Welche Möglichkeiten erwachsen meiner Abteilung daraus.

Austausch, Diskussion, erfolgreiche Praktiken und Menschen aus unterschiedlichen Kreisen, um Projekte auch mal mit anderen Blickwinkeln zu betrachten oder Dinge gemeinsam zu bewegen. Danke project networks für diese gelungene Veranstaltung. Und Spaß hat es auch noch gemacht.

Christian